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Juan Carlos I.

Prinz von Spanien (1969–1975)Bearbeiten

Francisco Franco und sein designierter Nachfolger Juan Carlos de Borbón beim Abhalten einer Militärparade des spanischen Heeres, 5. Juni 1969

Seit 1947 war Spanien offiziell wieder ein Königreich, allerdings ohne einen König. Francisco Franco zögerte, den Thronanwärter, Juan Carlos‘ Vater, zu nominieren, da dieser als Gegner der Franco-Diktatur galt und eine parlamentarische Monarchie einforderte., Er erwog daher verschiedene andere Optionen, darunter Otto von Habsburg, dessen Haus vor den Bourbonen Spanien regiert hatte, der aber kein Interesse zeigte. Franco entschied sich dann, einige junge Bourbonen-Prinzen aus dem Exil nach Spanien zurückzuholen und unter seiner Aufsicht ausbilden zu lassen, darunter neben Juan Carlos auch dessen Vettern Alfonso, Gonzalo und Carlos.,

Schließlich setzte er 1969, nach der Geburt von Juan Carlos‘ Sohn Felipe, per Gesetz fest, dass nach seinem Tod Juan Carlos als König das Amt des Staatsoberhaupts einnehmen solle, und ernannte ihn zum Príncipe de España, einem zu diesem Zweck neu geschaffenen Titel. Der Verfassung nach sollte dies eine Königsdiktatur werden, weshalb Juan Carlos‘ Vater auch die geforderte Verzichtserklärung für seine Person verweigerte., Alfonso, dessen Vater seinen Verzicht auf die Thronfolge inzwischen widerrufen hatte, stimmte der Nominierung von Juan Carlos zu, versah dies aber 1972 – nachdem Franco ihn mit einer seiner Enkeltöchter verheiratet hatte – mit Vorbehalten.

Inthronisierung (1975)Bearbeiten

Franco starb am 20. November 1975. Bereits zwei Tage danach, am 22. November 1975, wurde Juan Carlos zum König proklamiert. Aus legitimistischer Sicht wurde seine Herrschaft jedoch erst 1977 anerkannt, als sein Vater formell auf den Thron verzichtete. In seiner Thronrede betonte Juan Carlos I.,, dass „eine freie und moderne Gesellschaft die Beteiligung aller in den Entscheidungszentren, den Medien, den unterschiedlichen Ebenen des Erziehungswesens und der Kontrolle des nationalen Wohlstands“ erfordere. Er sah sich, wie er weiter ausführte, als „König aller Spanier, Wächter der Verfassung und Kämpfer für die Gerechtigkeit“.

Als der damals 37-Jährige den über vier Jahrzehnte verwaisten Thron bestieg, hatten die Spanier keine großen Erwartungen an ihn. Er wurde als der „Ziehsohn Francos“ wahrgenommen, viel mehr Eindrücke hatte man nicht von ihm., Über den Einsatz des jungen Königs für ein neues, demokratisches Spanien waren die Bürger überrascht. Im Juni 1976 reiste das junge Königspaar auf Einladung von Präsident Gerald Ford in die USA. Am 1. Juli 1976 nötigte er Carlos Arias Navarro, Ministerpräsident seit der Jahreswende 1973/1974, zum Rücktritt. Als eine seiner klügsten Entscheidungen wurde später die Benennung des ehrgeizigen, aber damals noch unbekannten Politikers des Franco-Regimes Adolfo Suárez als Nachfolger gesehen. Die ersten freien Wahlen zum Parlament wurden im Sommer 1977 abgehalten.,

Juan Carlos definierte rückblickend seine Rolle vor Francos Tod so: „Ich hatte sehr viel zu sagen, aber ich zog es vor zu schweigen, denn der kleinste Satz, das kleinste Wort konnte zu meinem Nachteil ausgelegt werden.“

KönigBearbeiten

Don Juan Carlos’ Rolle gilt als wesentlich für die in den Folgejahren stattfindende Demokratisierung Spaniens. 1978 nahm die spanische Bevölkerung mit 88-prozentiger Mehrheit die Verfassung an, wodurch Spanien zu einer parlamentarischen Monarchie wurde. Erster Ministerpräsident des demokratischen Spaniens wurde Adolfo Suárez., Zuvor war es Suárez gelungen, die eigenen franquistischen Weggefährten von früher davon zu überzeugen, ihre Macht aus den Händen zu geben. „Mehr als Motor des Wandels war Juan Carlos sein Schutzschild“, schrieb der Historiker Javier Tusell über die Rolle des Königs zurückblickend. Suárez, erst 43 Jahre alt, scharte eine Gruppe von Politikern seiner Generation um sich, die ihre demokratischen Überzeugungen auf verschiedenen Wegen kundgetan hatten., Gemeinsam mit anderen konvertierten Falangisten, die sich den Sozialdemokraten, Liberalen, Christdemokraten anschlossen, beseitigte er zwischen 1976 und 1979 das franquistische Regime, wobei es ihm gelang, beide Seiten zu überzeugen: einerseits skeptische Franquisten von der Notwendigkeit demokratischer Reformen, andererseits demokratische und linke Kräfte vom Verzicht auf eine Abrechnung mit den Gewinnern des Bürgerkrieges.

Am 23., Februar 1981 versuchten Angehörige der Armee, die der Franco-Diktatur nachtrauerten, unter General Milans del Bosch und der paramilitärischen Polizeitruppe Guardia Civil unter Oberstleutnant Antonio Tejero einen Militärputsch. Tejero stürmte dabei das Parlament, wo Leopoldo Calvo-Sotelo gerade zum Regierungschef gewählt werden sollte. Mitverschwörer Jaime Milans del Bosch ließ in Valencia Panzer auffahren., Mit dem entschlossenen Auftreten des Königs als Oberbefehlshaber der Armee, der sich im Rahmen einer landesweit ausgestrahlten Fernsehansprache eindeutig für die Demokratie aussprach und das Militär auf seine Seite zog, konnte der Staatsstreich noch in der Nacht vereitelt werden. Sein damals 13-jähriger Sohn musste dabei bei ihm in seinem Arbeitszimmer ausharren, während der Vater sich stundenlang mit seinen Offizieren beriet. Prinz Felipe war die ganze Nacht in seiner Nähe., „Er sollte sehen, wie ich mein Amt ausübe, wenn alles in Frage gestellt ist“, berichtete Don Juan Carlos später über diese erzieherische Maßnahme. Erst als die Putschisten aufgaben, schickten die Eltern den übernächtigten Sohn am nächsten Tag wie gewohnt zur Schule. Das Datum des Putsches wird von den Spaniern als der „23-F“ bezeichnet. Kritisiert wird allerdings, dass Don Juan Carlos vor seiner Stellungnahme gegen die Putschisten damals mehrere Stunden zögerte; er verschaffte sich einen Überblick über die Lage und beriet sich über das geeignete Vorgehen., Von gewichtigen Zeitzeugen, wie in der literarischen Verarbeitung wird seine Leistung, wie auch er selbst – als ein Garant für die Demokratie in Spanien – jedoch gewürdigt.

Am Tag nach dem Putsch mahnte der König die Politik:

„Eine harte und offene Reaktion gegen die Verantwortlichen des Aufstandes ist ebenso wenig ratsam, wie diese Reaktion auf die Streit- und Sicherheitskräfte generell zu übertragen.,“

Die Frage der Autonomien in Spanien wurde ebenso vertagt wie eine Militär- oder Polizeireform.

Noch 15 Jahre vor dem Putsch – zu Francos Zeiten – hatte sich Don Juan Carlos bei einem britischen Diplomaten beklagt, er spüre unter den Spaniern „nirgendwo eine spontane starke Zuneigung für die Monarchie“. Nach dem vereitelten Putsch errang der Monarch die bemängelte Zuneigung und den Respekt der Spanier. Auch die spanische Presse hielt sich lange mit Kritischem zurück., Als beispielsweise ein Paparazzo zu Beginn der 1990er Jahre Nacktfotos von Don Juan Carlos beim Sonnenbad auf seiner Jacht Fortuna schoss, wollte keine spanische Zeitschrift diese erwerben.

Spanien profitierte vom EU-Beitritt im Jahr 1986 wirtschaftlich. 1992 eröffnete Juan Carlos als spanisches Staatsoberhaupt die Weltausstellung in Sevilla und die Olympischen Spiele in Barcelona. Zehn Jahre zuvor hatte er die Fußball-Weltmeisterschaft 1982 eröffnet.,

OEI (2004), Don Juan Carlos mit dem damaligen argentinischen Präsidenten Néstor Kirchner

Organisation Iberoamerikanischer Staaten

Ähnlich der Position der britischen Monarchin im Commonwealth of Nations, hat der spanische König die repräsentative Funktion des Ehrenpräsidenten der Organisation der Ibero-Amerikanischen Staaten inne., Ein in diesem Zusammenhang regelmäßig stattfindender Iberoamerika-Gipfel ist ein Forum der Staats- und Regierungschefs von 20 lateinamerikanischen Staaten sowie der europäischen Staaten Spanien, Portugal und Andorra. Die Gipfel fanden zuvor jährlich statt. Angesichts des nachlassenden Interesses beschloss der XXIII. Gipfel 2013, fortan nur noch jedes zweite Jahr zu tagen.

Im Jahr 1995 wurde ein Attentatsplan der ETA auf den König aufgedeckt. Katalanische Separatisten sehen in Don Juan Carlos den Vertreter des verhassten Zentralstaates und verbrannten im Jahr 2007 Bilder des Königs., In weiten Kreisen der Bevölkerung gilt der König als Freund des direkten Wortes. Sein an Hugo Chávez gerichtetes ¿Por qué no te callas? (Warum hältst du nicht die Klappe?) auf dem Iberoamerika-Gipfel November 2007 in Santiago de Chile machte Schlagzeilen. Die Tonaufnahme wurde von vielen Spaniern als Klingelmotiv auf ihr Handy geladen.

Im Februar 2014 veröffentlichte der König, dass er für seine Familienmitglieder erstmals feste Jahresgehälter festgelegt habe. Bis dahin hatte er die Zuwendungen nicht im Detail publik gemacht und je nach Anzahl der öffentlichen Auftritte veranschlagt., Begründung für die Neuregelung: das neue System sei transparenter. Sofia erhielt einen Jahresbetrag von 63.000 Euro brutto, plus 53.000 Euro für Repräsentationskosten. Selbst erhielt er nach dem Königshaus-Budget, wie im Vorjahr, insgesamt 293.000 Euro – Sohn Felipe 146.000 Euro. Das Gesamtbudget der Königsfamilie 2014 betrug 7,8 Millionen Euro, 2 Prozent weniger als im Vorjahr, ohne dass Kosten für Dienstreisen, -fahrzeuge, Sicherheitsmaßnahmen und Gebäudeinstandhaltungen enthalten waren. Damit wollte er vor dem Inkrafttreten eines neuen Politiker-Transparenzgesetzes ein Beispiel setzen., Es kann von einem zweistelligen Millionenbetrag an Aufwendungen ausgegangen werden (In Deutschland betrug das Budget des Bundespräsidialamts 2016 vergleichsweise knapp 20 Millionen Euro).

Abdankung (2014)Bearbeiten

Protestkundgebung in Madrid, Flaggen aus der Zeit der 2. Republik

Nach dem Finanzskandal um seine jüngste Tochter Cristina und Schwiegersohn Iñaki Urdangarin und der Elefantenjagd während der Luxussafari 2012 inmitten der Rezession litt das Ansehen von Juan Carlos sehr., Anfang 2014 waren Umfragen zufolge 62 % der Spanier für seine Abdankung, und die Unterstützung für die Monarchie rutschte erstmals unter 50 %.

Nach Berichten spanischer Medien sei Juan Carlos von seinen drei ehelichen Kindern Elena, Cristina und Felipe, dem damaligen Kronprinzen, zur Abdankung gedrängt worden, nachdem er diesen mitgeteilt habe, dass er sich von seiner Gattin Sofía scheiden lassen wolle, um seine Geliebte und ständige Begleiterin der letzten Jahre, Corinna zu Sayn-Wittgenstein-Sayn, zu heiraten.

Am 2., Juni 2014 gab Ministerpräsident Mariano Rajoy bekannt, dass Juan Carlos abdanken werde und darum gebeten habe, das Thronfolgeverfahren zugunsten Prinz Felipes einzuleiten. Gemäß Art. 57 der Verfassung ist für Abdankung und Nachfolge ein Organgesetz nötig, das vom Parlament zu beschließen ist. Tausende Menschen demonstrierten in Madrid für eine Abschaffung der Monarchie. Vor allem linke und grüne Parteien hatten zu spontanen Protesten gegen die Monarchie auch in zahlreichen anderen Städten aufgerufen., Viele Demonstranten riefen nach einer Volksabstimmung und schwenkten die rot-gelb-violetten Flaggen aus der Zeit der 2. Republik. Allein auf der Madrider Puerta del Sol sollen sich 30.000 Menschen versammelt haben. Das spanische Medienecho blieb dagegen verhalten.

Ein von der Regierung nachträglich entworfenes Organgesetz wurde dem Parlament und später dem Senat zur Verabschiedung vorgelegt. Kompletter Text:

„1. Seine Majestät der König Juan Carlos I. de Borbón dankt von der Krone Spaniens ab.
2., Die Abdankung ist wirksam im Moment des Inkrafttretens des vorliegenden Organgesetzes.“

Es trat zum 19. Juni 2014 in Kraft. Das scheidende Königspaar wird offiziell weiterhin mit dem Ehrentitel „Majestät“ angeredet. In der Rangfolge des Protokolls stehen sie hinter Felipe VI., Letizia sowie deren Töchtern Leonor und Sofía. In der spanischen Thronfolge werden weiterhin männliche Erben den weiblichen gegenüber bevorzugt., Diese geschlechtsspezifische Regelung wird teilweise als sexistisch kritisiert, wie auch der sehr kurze ergänzende Gesetzestext, in dem unter anderem Pensionsregelungen fehlten.

Juan Carlos verlor mit seiner Ablösung als König seine von der Verfassung garantierte Immunität. Regierung und Parlament befassten sich damit, ob und wie durch ein neues Gesetz oder eine Gesetzesanpassung dem ehemaligen Monarchen besonderer Rechtsschutz gewährt werden könnte. Das Königshaus selbst äußerte, dass eine Beibehaltung der juristischen Unantastbarkeit verfassungswidrig wäre., Trotzdem wurde für vernünftig erachtet, dem scheidenden König das gleiche Privileg zu gewähren, das in Spanien mehr als zehntausend Politiker, Richter und Staatsanwälte haben: das Recht, sich einzig vor dem Obersten Gericht verantworten zu müssen. Dieser rechtliche Status, so hieß es, solle mit der Abdankung in Kraft treten und Juan Carlos‘ komplette vorangegangene Amtszeit abdecken.

Übertragung der Herrschaft über die Niederlande, 25. Oktober 1555, Karl V. an Philipp II., (Gemälde von Louis Gallait, 1841)

In der neuzeitlichen Geschichte gab es in Spanien bereits drei derartige Rücktritte (ohne die durch die mehrmalige Abschaffung der Monarchie bewirkten Thronverluste): 1556 übergab Kaiser Karl V. (in seiner Funktion als König Karl I. von Spanien) seinem Sohn Philipp II. ein absolutistisch regiertes Weltreich, kurz vor dem Höhepunkt der imperialen Ausdehnung. 1724 dankte Philipp V., zugunsten seines Sohnes Ludwig ab, bestieg den Thron allerdings nach dem frühen Tod seines Sohnes im selben Jahr erneut und regierte bis zu seinem eigenen Lebensende 1746. 1808 wurde König Karl IV. gezwungen, zugunsten seines Sohnes Ferdinand VII. abzudanken.

Der Abdankung Juan Carlos’ im Palast wohnten etwa 160 geladene Gäste bei. Dem Schauplatz wird Symbolträchtigkeit nachgesagt: Im selben Säulensaal des Palasts war 1975 der Leichnam des Diktators Francisco Franco aufgebahrt worden und hatte Spanien 1985 seinen Beitritt zur damaligen Europäischen Gemeinschaft unterzeichnet., Angesichts der spanischen Wirtschaftskrise fand alles in einem vergleichsweise bescheidenen Rahmen statt. Rund 6000 Sicherheitskräfte standen bereit, um einen sicheren Ablauf der Zeremonie zu gewährleisten. Die Polizei untersagte Gegendemonstrationen im Zentrum während dieser Zeit.

Seinem Sohn und jetzigem Staatsoberhaupt gab er einst aus eigener Erfahrung den Rat:

„Hier musst Du Dir den Thron immer aufs Neue verdienen, Tag für Tag, Monat für Monat, Jahr für Jahr., Und wenn Du das Volk gegen Dich hast, kannst Du einpacken.“

– Juan Carlos I.

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